Steinbach SZ – Unter Gschwänd – Unter Humel – Ebenau
Nummerierungen in Klammern wie (1) beziehen sich auf jene der Routen-Karte.
Hintergrund: Rotmooswald (9)
Bevors den Abgrund 'runter geht, noch schnell bekreuzigen.
Die Sihl verfolgt mich ja oft bei meinen vielen Wanderabenteuern – oder ich sie, je nach Sichtweise. Ich kann mich in Zürich oder südlich des gleichnamigen Sees herumtreiben wo ich will, sie will gelängst oder gequert und muss fotografiert werden. Als Gewässeruntiefkundige finde ich, dass ihr Tal unglaublich lang ist verglichen mit ihrer Wassermenge, die sie unter normalen Umständen in die Limmat bringt. So will ich mich heute ihrer Quelle nähern mit dem Ziel, auf einer zukünftigen Wanderung diese auch mal persönlich zu besichtigen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Der heutige Plan entstand aus dem eigentlichen, wohl tieferliegenden Bedürfnis, in der Lebensumgebung meiner vor zwei Jahren zu früh verstorbenen Schwester M. zu wandern: am Sihlsee.
Start an der ÖV-Station Euthal, Steinbach
Steinbach (1)
Wie der Sihlsee entstand und wer/was dabei alles verschwinden musste – wie wohl fast bei jedem Stausee: Sihlsee@Wikipedia
«1762 Menschen aus Willerzell, Euthal, Gross, Steinbach mussten dem See weichen; mehrere ihrer Erwerbsgrundlage beraubter Familien wanderten in die USA aus.», habe ich auch noch gelesen. Dort hats jetzt sicher einen Ort namens Big oder Stonebrook oder gar New Willerzell.
Nimmt mich wunder, wie hoch und schnell das Wasser im menschengesteinerten Bett nach einem Starkregen hinunterrast.
Bei Schrästutz (2)
Ach, deshalb heisst der Steinbach ... jede Menge hats davon. Ich gehe davon aus, dass die Mauern gegen übermässig viel Wasser helfen und nicht einen Starkregen zum Schanzengumpen animieren sollen.
Bei Schijen (3)
Zum Glück bin ich zu Fuss unterwegs und somit flexibler als mit einem vierrädrigen Fahrzeug: Nagelsperre@Wikipedia.
Steinruns / Schijen (4)
Es beginnt die Wanderphase voller Wirrungen. Ich irre auf grünen Wiesen ohne Markierungen herum und suche nach Spuren eines Wanderwegs.
Da oben habe ich auch geguckt, schliesslich ists wanderweggekennzeichnet. Der Pfad endet nach ein paar Metern bei einer Futterkrippe.
Die Wanderphase voller Wirrungen wird temporär unterbrochen. Da ist er ja wieder, der Weg auf der Karte. Gimme five – oh, sorry: six! Auch wenn da offensichtlich auch Töffe durchfahren: Ich bin zufrieden, wieder zurück auf dem Weg der Tugend zu sein. Nicht lange gehts, und schon wieder verschmilzt der Wanderweg mit dem Nichts.
Unter Gschwänd (5)
Bei Bini (Albin) auf der Alp Unter Gschwänd endet die Wanderphase voller Wirrungen. Man sieht Bini vor dem Anbau links der Alphütte neben einem Töff stehen. Töff? Aha, da haben wir den Sünder, der den Wanderweg verschandelt hat (4)! Ich jammere ihm beim Vorbeigehen vor, dass ich einen Weg oder zumindest eine Markierung vermisse bis hierhin, schliesslich wollen die Älpler/innen nicht, dass man das Gras zertrampelt. Es interessiert ihn nicht so, lädt mich aber trotzdem zu einem «Panaché» ein. Ich erwarte ein mit Citro verdünntes Bier, also ein Gespritztes/Panache, ohne accent aigu. Er bringt jedoch ein reines Citrogetränk mit diesem Namen, mit Akzent, süss, aber erfrischend. Wir plaudern, es ist gemütlich. Er erzählt von einem Wolf, der in der Gegend herumgestreift, aber glaub wieder weitergezogen ist. Auf den Töff spreche ich ihn natürlich auch an. Er gesteht, dass die eindrückliche Spur von ihm stammt. Aber seine Gastfreundschaft drückt meine beiden Augen zu.
Schräwaldstrassse (6)
Kurve kratzen verboten.
Rossweid / Unter Humel (7)
Der Pegelstand des Sihlsees werde jeden (Vor-?)Frühling stark gesenkt, um für die Wasser der Schneeschmelze gerüstet zu sein, habe ich von von Bini, meiner neuen Bekanntschaft (5) erfahren. Gottseidank tun die das, sonst würde die Zürcher Bevölkerung wohl jeden Frühling ersaufen – sofern sie im Limmattal unten wohnen, natürlich.
Mount Rushmore ... hier? Mount Rushmore National Memorial@Wikipedia (Ich finde es nebenbei und unter uns gesagt eine Frechheit der Siedler in den USA, diesen Berg auch noch «National Memorial» zu nennen.)
Die Summe der Kreuze auf dieser Wanderung übersteigt fast schon jene im Untertoggenburg.
Eiger, Mönch und Jungfrau ... hier?
Unter Unter Humel (8)
Das Panorama vom Albishorn ist schon wieder vergessen: Oberrieden – Hausen am Albis von letzter Woche.
Auch wenn da nur einer auf dem Bild ist: Eine Menge Leute mit ihren Gleitschirmen fliegen da herum. Sie hängen faul in ihren Säcken und ziehen ein bisschen an Schnüren, während ich mich auf dem Boden an der Schwerkraft abrackere. Immerhin steigen sie vorher noch mit schwerem Gepäck zu Fuss in die Höhe zum Startplatz. So einen Fitten mit Zehnkilosack auf dem Rücken, den steilen Bergwanderweg hinter sich, habe ich getroffen. Er erzählt mir von seiner als Kind anerzogenen Zuckersucht, und dass er sie bzw. sein Gewicht über solche Aufstiege im Griff halten will. Ich nehme an, er hat schon viel abgenommen, denn er ist nebst seines Bäuchleins schlank.
Ah ja, und dann erwähnt er noch Eric Clapton. Der ist ja bekanntlich über Jahre heroinsüchtig gewesen – was nicht überrascht bei einem Rockgitarristen, der seine junge Zeit in den 60-er und 70-er Jahren hatte. Als man also diesen Eric nach seiner ersten Sucht fragte, sagte er «Zucker». Nachdem ich mich vom aufsteigenden Gleitschirmflieger verabschiede, fällt mir ein, dass man umgangssprachlich Heroin «Sugar» nennt. Was denn nun?
Für jene, die den britischen Musiker nicht kennen: Eric Clapton@Wikipedia
Rotmooswald (9)
Hmm, das Bergwanderwegzeichen am Baumstamm erinnert mich eher an einen Blutspritzer, was mein Vertrauen in den Weg nicht gerade stärkt.
Was habe ich gerade geschrieben (8)? Die Paragliders steigen mit schwerem Gepäck in die Höhe zum Startplatz? Für diese gilt das nicht: Die paar Schritte hierhin zeugen nicht von grosser Aufwandbereitschaft vor dem Vergnügen.
Fleugenberg/Halten (10) (11)
Ich fühle mich wie ein Häftling, der in die Freiheit entlassen wird und nach Hause in sein Gärtli kommt.
Boden (12)
In Gross wird wacker gegrüsst, sogar allein laufende Kinder ohne elterlichen Mahnfinger tun es. Das gefällt mir, aber da offenbar gerade eine kleine Völkerwanderung stattfindet, wirds dann doch etwas viel. Mir fällt auf, dass die Erwachsenen am späteren Nachmittag immer noch «guete Tag» sagen, während ich mich mit einem «Grüezi» begnüge.
Gross, Ebenau (13)
Ich stelle fest, dass Einsiedeln den Sihlsee zu seinem Mittelpunkt erkoren und sich gleich alle Orte rundherum gekrallt hat. Wie auch immer die Hierarchien sind: Jetzt bin ich in Gross, und im kleinen Gross bin ich eben in Ebenau.
Da sich die Busstation an einer verkehrsreichen Strasse an einem geteerten Vorplatz ohne Sitzgelegenheit befindet und somit etwas warteunfreundlich ist, vertreibe ich meine Zeit auf dem Friedhof:
Gottseidank lässt mich das Postauto warten. So fantasievolle Grabsteine sieht man nicht überall. Äh, nein: Die Asche meiner verstorbenen Schwester M. ruht nicht da.
Heute sind meine Kommentare etwas lang. Das liegt daran, dass die Leute unterwegs ziemlich erzählfreudig sind und ich somit viele Geheimnisse weitererzählen kann.